Osnabrück. Vor dem Corona-Gipfel fordern Deutschlands Landkreise ein viel schnelleres Lockdown-Ende als laut Beschlussvorlage geplant: „Es braucht beim Bund-Länder-Treffen die Ansage, dass Geschäfte dort, wo die Corona-Lage im Griff ist, ab Montag wieder Kunden begrüßen dürfen, natürlich mit Maske und Abstand, zumal sie die Wirksamkeit ihrer Hygienekonzepte schon nachgewiesen haben“, sagte Landkreistagspräsident Reinhard Sager im Gespräch mit der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (NOZ).
Die Politik dürfe sich „nicht länger sklavisch an Inzidenzwerte halten“, sagte Sager. „Wir müssen auch die sinkende Zahl der Intensivpatienten und die wachsende Zahl der Geimpften sehen. Vor dem Hintergrund ist es nicht länger akzeptabel, dass zwar Supermärkte, Baumärkte, Friseure und Kosmetikstudios öffnen dürfen, der klassische Einzelhandel aber weiter dichtbleiben soll.“
„Und es muss auch eine Perspektive für Gaststätten, Kultur und den Tourismus geben“, sagte der Landkreistagspräsident. Ferienwohnungen könnten längst ohne Treffen mit Vermietern übergeben werden, sodass sich niemand anstecken könne. „Der Corona-Gipfel sollte aus unserer Sicht beschließen, dass das ab Ostern in Gebieten mit undramatischer Infektionslage wieder erlaubt ist, damit die Menschen endlich wieder ein paar Tage Urlaub machen und das jetzt auch buchen können.“ Zumindest Reisen innerhalb ihrer Heimatbundesländer sollten den Bürgern ermöglicht werden. Das würde einen überbordenden Tourismus über Ländergrenzen hinweg verhindern, so Sager. „Wir dürfen das Land nicht auch Ostern noch im Lockdown lassen, sollte sich das Infektionsgeschehen nicht wesentlich verschlechtern. Und die Tourismusbranche hat sich ihre Daumen längst wund gedreht.“
Kanzlerin Angela Merkel und die Regierungschefs der Länder wollen an diesem Mittwoch über Lockerungen der Anti-Corona-Maßnahmen beraten. Dabei müsse es aus Sicht des Landkreistages „deutlich über die Pläne hinausgehen, die bis zum Dienstag bekannt geworden sind“, sagte Sager.
Der Landrat von Ostholstein nannte es überdies „absolut erforderlich“, dass sich Bund und Länder auf einen „einheitlichen Rahmen“ einigten. „Unterschiedliche Öffnungskriterien in Bayern, Sachsen oder Schleswig-Holstein zerstörten Vertrauen und Akzeptanz“, sagte er. Schon jetzt empfänden es die Menschen als schwer nachvollziehbar, dass hier Schulen offen seien und dort nicht. Das Gleiche gelte für Baumärkte und anderes.
Auch beim Impfen fordern die Landkreise ein sofortiges Umsteuern. „Wir müssen es schaffen, den vorhandenen Impfstoff schneller an den Mann oder an die Frau zu bringen. Der Impfstoff gehört in die Oberarme und nicht in die Kühlschränke“, sagte der Landkreistagspräsident. „Wenn Impfberechtigte das hochwirksame und sichere Astra-Zeneca-Vakzin ablehnen, müssen andere vorgezogen werden, und zwar schnell. Das heißt, es müssen jetzt schon Menschen aus der Priorisierungsgruppe zwei drankommen.“
Der Landkreistag fordere eindringlich mehr Flexibilität. „Die Ständige Impfkommission ist jetzt gefragt, den breiteren Einsatz von Astra-Zeneca zu ermöglichen.“ Die Landkreise hätten bis Mitte Dezember eine enorme Impfinfrastruktur aufgebaut, sagte Sager. „Und jetzt werden wir dafür kritisiert, dass dort nicht sofort alles verimpft werden kann. Das sorgt für viel Frust und bremst uns im Kampf gegen Corona.“
PM/NOZ