Essen. Mehrere Steinkohlekraftwerke, die im Zuge des Kohleausstiegs im Sommer stillgelegt werden sollen, werden vom jeweiligen Netzbetreiber als systemrelevant eingestuft. Darunter sind das Steag-Kraftwerk Walsum 9 in Duisburg und das Uniper-Kraftwerk Heyden 4 bei Minden in Ostwestfalen. Das geht aus Adhoc-Mitteilungen der Strombörse EEX hervor.
Die Beschäftigten dürfen damit wieder hoffen, ihre Arbeitsplätze noch ein paar Jahre länger zu behalten. Das letzte Wort hat allerdings die Bundesnetzagentur. Auch das RWE-Kraftwerk Westfalen in Hamm wird offenbar noch gebraucht. Die genannten Kraftwerke erhielten in der ersten staatlichen Auktion zum Kohleausstieg den Zuschlag für eine endgültige Stilllegung im Juli 2021. Abgeschaltet wurden sie bereits zum Jahresende, seitdem stehen sie in Bereitschaft. Bereits in den ersten Wochen des Jahres mit teils heftigen Kältephasen musste etwa Uniper sein 875-Megawatt-Kraftwerk Heyden 4 gleich dreimal wieder hochfahren, um das Netz zu stabilisieren.
Der Netzbetreiber Tennet hat der Bundesnetzagentur jetzt empfohlen, das Kraftwerk noch nicht stillzulegen, sondern für Notfälle in die staatliche Netzreserve zu stellen. Das würde bedeuten, dass Heyden 4 zwar in der Regel keinen Strom mehr produziert, samt Kernbelegschaft aber in Bereitschaft bleibt. „Das wäre eine gute Nachricht“, sagte ein Uniper-Sprecher der WAZ. Denn dann gewännen Unternehmen wie Beschäftigte mehr Zeit für den sozialverträglichen Stellenabbau. Die Kosten der Bereitschaft würde größtenteils der Staat übernehmen.
Netzbetreiber Amprion empfiehlt das auch für den 370-MW-Block 9 des Steag-Kraftwerks in Duisburg-Walsum. Amprion nennt hierfür einen ungewöhnlich langen Zeitraum – bis Ende März 2024 brauche man den Kohleblock „für die Sicherheit und Stabilität“ des Stromnetzes, heißt es in der Mitteilung der Steag an die Transparenzstelle der Leipziger Strombörse.
Auch das RWE-Kraftwerk Westfalen in Hamm will Amprion Branchenkreisen zufolge nicht im Sommer endgültig eingemottet sehen. Der Netzbetreiber empfiehlt stattdessen, dort einen Phasenschieber zu installieren, der mit so genannter Blindleistung das Netz stabilisieren kann. Wirklich Strom produzieren soll das Kraftwerk demnach nicht mehr.
PM/ots/Westdeutsche Allgemeine Zeitung