Berlin. Wegen der Corona-Pandemie musste die Bundeswehr im vergangenen Jahr insgesamt 97 fest eingeplante Übungen und Beteiligungen an Übungen absagen. Das teilte das Bundesverteidigungsministerium auf Anfrage der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (NOZ) mit.
Dazu gehörten auch mehrere große internationale Vorhaben. Durch die Absage der Truppenübungen unterschiedlichster Größenordnungen wurden im Haushaltsjahr 2020 laut Ministerium rund 75 Millionen Euro weniger ausgegeben als vor Pandemiebeginn erwartet. Insgesamt beliefen sich die Ausgaben auf 101,3 Millionen Euro, deutlich weniger als 2019 mit 154,4 Millionen Euro. Im laufenden Jahr sind wieder 164,5 Millionen Euro veranschlagt.
So wurde im März 2020 wegen des Ausbruchs der Corona-Pandemie die eigentlich bis Mai geplante Übung „Defender Europe 2020“ abgebrochen, mit der die US-Streitkräfte die Verlegung einer Division nach Osteuropa trainieren wollten. Deutschland sollte dabei mit umfangreicher Unterstützung der Bundeswehr als logistische Drehscheibe dienen. Die Übung „European Challenge 2020“ der aktuellen EU-Battlegroup, an der die Bundeswehr als Rahmennation beteiligt ist, fiel ebenso ersatzlos aus wie die Übung „Berglöwe 20“, die gemeinsam mit den österreichischen Streitkräften geplant war.
Einige Übungen sollen nachgeholt werden, manche entfallen aber auch ersatzlos. Die Ausfälle haben durchaus Folgen für die Arbeit der Truppe: „Die hohe Zahl der notwendigen Übungsabsagen hat zwar keine kurzfristigen, aber unter Umständen mittel- und langfristige Auswirkungen auf die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr“, sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums. „Personal, das wir heute nicht ausbilden, steht uns morgen für Einsätze nicht zur Verfügung.“ Man hoffe auf eine Verbesserung der Pandemie-Lage, damit der Ausbildungs- und Übungsbetrieb wie gehabt aufrechterhalten werden könne.
Von der Linken-Fraktion kam Kritik, dass die Ausgaben für Übungen auch in Corona-Zeiten noch so hoch sind. Die abrüstungspolitische Sprecherin der Linken und Obfrau im Auswärtigen Ausschuss, Sevim Dagdelen, die zu dem Thema eine schriftliche Frage gestellt hatte, sagte der „NOZ“: „Es sagt viel aus über die Prioritäten der Bundesregierung, inmitten der Pandemie weiterhin allein für 2021 über 160 Millionen Euro für sinnlose Militärmanöver verpulvern zu wollen, während man bei der Beschaffung von Impfdosen und Schnelltests auf ganzer Linie versagt.“ Dagdelen fügte hinzu: „Das Staatsversagen in der Pandemiebekämpfung und die massiven Ausgaben für Rüstung und ökologisch verheerende Truppenübungen sind zwei Seiten einer Medaille.“
PM/ots/NOZ