Social Media

Suchen...

Deutschland & Welt

Gutachten stützt Pläne für Brennelemente-Produktion in Lingen

Hannover (dts) – Ein neues Gutachten kommt zu dem Schluss, dass das niedersächsische Umweltministerium die geplante Lizenzfertigung von Brennelementen russischen Typs in der Uranfabrik in Lingen nicht nach eigenem Ermessen untersagen darf. Das berichtet die „Welt am Sonntag“ unter Berufung auf das Gutachten, das der Anlagenbetreiber Advanced Nuclear Fuels (ANF) beim Kieler Experten für Verwaltungsrecht, Wolfgang Ewer, in Auftrag gegeben hat.

Der Fachjurist der Kanzlei Weissleder Ewer widerspricht mit seiner Analyse der Rechtsauffassung des Atomrechtsexperten Gerhard Roller, der in einem Gutachten für das Bundesumweltministerium (BMUV) argumentiert hatte, die Behörden könnten die Erweiterung der Atomanlage in Lingen durch eine reine Ermessensentscheidung untersagen.

Der für die Genehmigung zuständige niedersächsische Umweltminister Christian Meyer (Grüne) sieht deshalb auch 27 Monate nach Antragseingang weiterhin Prüfbedarf und beruft sich ausdrücklich auf Rollers Rechtsauffassung. „Das Roller-Gutachten im Auftrag des BMUV bestätigt uns in der Einschätzung, dass die enge Kooperation mit Putins Atomkonzern Rosatom eine erhebliche Gefahr für die innere und äußere Sicherheit in Europa darstellen kann“, sagte Meyer der „Welt am Sonntag“. „Das Roller-Gutachten ist daher ein bedeutender Gegenstand in dem laufenden Genehmigungsverfahren.“

Der Fachjurist Ewer weist in seinem Gutachten nun jedoch darauf hin, dass das Bundesverfassungsgericht ein „Versagungsermessen“ zuletzt im Jahre 1978 ausdrücklich nur zugelassen hatte, weil die Atomkraft damals noch „Neuland“ und „ein völlig neues Sach- und Rechtsgebiet“ war. „Knapp 46 Jahre später ist die friedliche Nutzung der Kernenergie nicht mehr als `Neuland` zu bezeichnen“, so Ewer. Die Annahme, das Gesetz würde den Behörden „noch Ermessen über die Erteilung oder Versagung einer atomrechtlichen Anlagengenehmigung einräumen“ sei heute „verfassungswidrig“.

Der Brennelemente-Hersteller ANF in Lingen ist ein Tochterunternehmen des französischen Nuklearkonzerns Framatome. Geplant ist die Fertigung von Brennelementen russischen Typs in Lingen, um so den Direktimport des Nuklearbrennstoffs aus Russland beenden zu können. Noch immer sind in fünf EU-Staaten insgesamt 19 Atomkraftwerke russischen Typs in Betrieb, die auf die Verwendung der speziellen, sechseckigen Brennelemente angewiesen sind.

Der russische Hersteller Rosatom hatte sich zur Lizenzvergabe bereit erklärt. Die Rechte zur Herstellung der Brennelemente im Westen werden nun von dem Gemeinschaftsunternehmen „European Hexagonal Fuels“ mit Sitz in Frankreich verwaltet, an dem Framatome 75 und Rosatom 25 Prozent der Anteile halten.

Der geplante Aufbau der neuen Fertigungslinie in Lingen hatte zu Protesten von deutschen Atomkraftgegnern geführt. Allerdings gingen die Einwendungen ebenso wie der Gutachter Roller von der Annahme aus, der Lizenzvertrag würde Rosatom-Mitarbeiter den Zugang zur Uranfabrik in Lingen ermöglichen. Dies ist jedoch nicht der Fall. „Kein Rosatom-Mitarbeiter braucht Zutritt zu unserem Betriebsgelände, und das bleibt auch in Zukunft so“, sagte Andreas Hoff, Standortleiter in Lingen der Zeitung.

Weil kein Personal von Rosatom „die Anlage in Lingen betreten wird, scheiden alle zuvor angenommenen Risikoszenarien, die sich auf mögliche Manipulationen oder Spionage in der Anlage beziehen, vollumfänglich aus“, heißt es im neuen Ewer-Gutachten. Die Verlagerung der Brennelemente-Produktion aus Russland ins niedersächsische Lingen, würde „kein neues Risikoszenario“ bewirken, „sondern vielmehr eine Verbesserung der Sicherheitslage mit sich bringen“.

Foto: Atomkraftwerk (Archiv), via dts Nachrichtenagentur

Auch interessant

Deutschland & Welt

Berlin (dts) – Die Zahl der Anträge auf den deutschen Pass ist in verschiedenen deutschen Kommunen nach Inkrafttreten des neuen Staatsangehörigkeitsrechts vor einem halben...

Deutschland & Welt

Berlin (dts) – Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) kritisiert die Debatte in Deutschland zur Rückkehr syrischer Flüchtlinge nach Syrien scharf. „Wer so kurz nach einem...

Deutschland & Welt

Berlin (dts) – Der Sturz von Syriens Ex-Diktator Baschar al-Assad hat in Deutschland eine Debatte über die Zukunft syrischer Geflüchteter ausgelöst- erste Behördendaten deuten...

Deutschland & Welt

Magdeburg (dts) – Die Magdeburger Polizei kritisiert Berichte zum Thema „Gefährderansprache“ im Bezug auf den Attentäter, der letzten Freitag auf dem Weihnachtsmarkt der Stadt...

Deutschland & Welt

Magdeburg (dts) – Drei Tage nach dem Anschlag von Magdeburg sind am Montag mehrere Tausend Menschen in der Landeshauptstadt von Sachsen-Anhalt auf die Straße...

Deutschland & Welt

Berlin (dts) – Die Zahl der Dienstposten und Mitarbeiter im Verteidigungsministerium ist in diesem Jahr gestiegen. In den beiden Dienstsitzen in Bonn und Berlin...

Deutschland & Welt

Hagen (dts) – NRW-Unternehmerpräsident Arndt Kirchhoff hält die Automobilindustrie noch lange nicht für abgemeldet. Die deutsche Autoindustrie sei ziemlich gesund und brauche keinen Schutz...

Deutschland & Welt

Magdeburg (dts) – Taleb A., der am Freitag mit einem Fahrzeug in die Menschenmenge auf dem Magdeburger Weihnachtsmarkt gefahren ist, rechnete offenbar damit, bei...

Anzeige